Bildquelle: Facebookseite von Patrick Dahlemann

Am 4. Mai 2022 fand ein telefonisches Gespräch zwischen dem parlamentarischem Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei von Mecklenburg-Vorpommern, Patrick Dahlemann, und einer Delegation von engagierten Bürgern aus der Protestbewegung bezüglich der Corona-Maßnahmen des Landes statt. Herr Dahlemann, 1988 geboren studierte Politikwissenschaft und öffentliches Recht in Greifswald. Seit 2014 ist er Abgeordneter des Landtages in MV, seit 2021 Chef der Staatskanzlei. Die Delegetation der Maßnahmenkritiker bestand aus der Wirtschaftsjuristin Ina Schuppa-Wittforth, die drei kritische Briefe (1, 2, 3) an die Staatskanzlei geschickt hatte und daraufhin der erste Dialog stattfand. Außerdem nahm die aufgrund ihrer öffentlichen Kritik an den Corona-Maßnahmen von der Universitätsmedizin Greifswald gekündigte Biomathematikerin, Jeanette Bahr, der Versammlungsleiter der maßnahmenkritischen Demos in Schwerin, Daniel Gurr und der Autor dieses Textes teil.

Es war bereits das 2. Gespräch dieser Art. Im ersten Videogespräch am 23. Februar 2022 klopften beide Parteien ihre Standpunkte ab und stellten verschiedene Ansichten hinsichtlich der Wirksamkeit der Maßnahmen und der Sicherheit des Impfstoffes fest. Das Gespräch war von gegenseiteigem Respekt und dem beideitigem Wunsch nach einem fortlaufenden Dialog geprägt.

Im ersten Gespräch mit Herr Dahlemann wurde darum gebeten, die Berater der Landesregierung für einen Dialog mit kritischen Wissenschaftlern zu gewinnen. Der Expertenrat, der die Landesregierung in Corona-Angelegenheiten berät besteht aus:

  • Prof. Dr. Kaderali, Bioninformatiker an der Uni Greifswald
  • Prof. Dr. Emil Reisinger, Dekan der Uni Rostock
  • Prof. Dr. Nils Hübner, Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin
  • Stefan Sternberg (SPD) , Landrat des Landkreises Ludwigslust-Parchim

Anschließend an das erste Gespräch schrieb der Autor dieses Texte Wissenschaftler und Fachleute an, die sich in den letzten 2 Jahren durch evidenzbasierte Kritik an den Corona-Maßnahmen hervor getan hatten. Sehr schnell hatten folgende Experten ihre Bereitschaft für einen Dialog mit den Beratern der Landesregierung signalisiert.

  • Prof. Dr. Dr. Martin Haditsch, Facharzt für Hygiene und Mikrobiologie, Infektiologie und Tropenmedizin sowie für Virologie und Infektionsepidemiologie
  • Prof. Stefan Homburg, Professor für öffentliche Finanzen
  • Tom Lausen, Datenanalyst und Fotograf
  • Dr. Thomas Sarnes, Chirurg, Chefarzt, Infektiologe und Tropenmediziner
  • Marcel Barz, Informatiker und Datenanalyst

Weitere, sehr kompetente Fachpersonen lehnten aufgrund der Politisierung des Themas den Dialog ab, wünschten aber gutes Gelingen.

Das Gespräch

Herr Dahlemann eröffnete die Runde mit der Schilderung seines Corona-Verlaufs und dass sich aufgrund dieser Erfahrung für ihn klar herausstelle, dass Corona mehr als nur eine Erkältung ist. Er war nach eigenen Aussagen eine Woche „ausgeknockt“ und dankbar dafür, dass seine Familie größtenteils verschont geblieben ist. Weiter führt er aus, dass MV alle Öffnungen der letzten Wochen mitgemacht hat und dass das sicher im Sinne der anwesenden Maßnahmenkritiker sei. Die Hotspot-Regelungen, die nach den bundesweiten Lockerungen galten, waren aufgrund einer angespannten Lage im Gesundheitswesen notwendig gewesen, so Dahlemann. Enttäuscht war er über das Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Greifswald, welches am 23. April die Hotspot-Regelungen 4 Tage vor deren Auslaufen aufhieb. Er erkannte das Urteil jedoch vollumfänglich an.

Für den kommenden Herbst seien keine großflächigen Schließungen mehr vorgesehen, erklärt Dahlemann die Strategie für die nächsten Monate. Anknüpfend an den im ersten Gespräch geäußerten Wunsch nach einem Corona-Dialog mit verschiedenen Wissenschaftlern erläuterte Herr Dahlemman, dass Herr Kadelari keine Kapazitäten für weiteren Austausch hat . Kadelari leitet das Institut für Bioinformatik der Universitätsmedizin Greifswald und berät sowohl die Landes- als auch die Bundesregierung in Corona Fragen. Die ebenfalls an dem Gespräch teilnehmende Jeanette Bahr hatte noch als Mitarbeiterin der Universitätsmedizin einen Mailverkehr mit Herr Kadelari angestoßen und ihn auf offensichtliche Widersprüche in der Datenlage hingewiesen. Die von ihm gesandten Antworten bezeichnet sie als unwissenschaftlich. Die weiteren beratenden Experten haben in Abstimmung mit Herr Kadelari ebenfalls keine Zeit für ein Gespräch mit kritischen Wissenschaftlern oder Bürgern, so Dahlemann.

Die aktuelle OB-Kandidatin Frau Schuppa-Wittforth berichtet ebenfalls von sinkenden Teilnehmerzahlen in Greifswald und fügt hinzu, dass “ein harter Kern bleibe”, der sich gegen die Maßnahmen einsetzt, der aber auch weitere Themen wie Lobbyismus und Landwirtschaftspolitik kritisiere.

Im weiteren Verlauf des Gesprächs interessierte sich Herr Dahlemann für das Demonstrationsgeschehen in den Städten. Daniel Gurr, Versammlungsleiter der maßnahmen-kritischen Proteste in Schwerin, berichtet davon, dass viele Teilnehmer die Impfnebenwirksungen stark beschäftigen. Außerdem gäbe es viele Unternehmer, die an einem ernsthaften Dialog anstatt Feigenblatt-Diskussionen mit der Politik interessiert seien. Er berichtet von einem insgesamt wahrnehmbaren starken Vertrauensverlust in die Politik.

Im Vorfeld des Gesprächs wurden Herr Dahlemann folgende Fragen mit der Bitte um Antwort zugesandt.

1. Woran messen Sie den Erfolg der 2G(+) und 3G Regelungen?

2. Haben Sie den Lockdown und die 2G(+)-Regel evaluiert und zu welchem Ergebnis sind Sie gelangt?

3. Was Haben Lockdown und 2G(+) an Erkrankungen verhindert und was begünstigt?

4. Inwieweit hat das Testen gesunder Menschen ohne Symptome zu signifikanter Verhinderung von schweren Verläufen geführt?

Als Antwort auf die Fragen führt er aus, dass die Bundesländer in Absprache mit dem Bund beschlossen haben, dass das IFSG in diesem Sommer evaluiert werden muss.

Es muss seiner Meinung nach erörtert werden, was das wirksamste Instrument in der Pandemie gewesen ist. Frage 4 beantwortet er damit dass gesunde Menschen andere mit Sars-Cov2 anstecken können und daher von ihnen eine potentielle Gefahr ausgehe. Er selber teste sich weiterhin freiwillig, deutet aber darauf hin, dass es nun immer stärker darum geht, dass die Leute selber Verantwortung für den Umgang mit Corona übernehmen.

Auf die Evaluierung der Corona-Maßnahmen angesprochen entgegnet Herr Dahlemann, dass darüber der Bundesgesetzgeber entscheide. Frau Schuppa-Wittforth befürchtet eine voreingenommen Evaluierung, wenn die selben Experten, die die Landesregierung bei den Maßnahmen beraten haben, selbige kritische und offen evaluieren sollen. Mit dieser Kritik sollte Frau Schuppa-Wittforth Recht behalten. Der am 30. Juni veröffentlichte Bericht des Sachverständigenausschusses “Evaluation der Rechtsgrundlagen
und Maßnahmen der Pandemiepolitik” legt die fast totale Evidenzlosigkeit aller Corona-Maßnahmen offensichtlich dar.

Im Hinblick auf den Herbst schließt Dahlemann großflächige Schließungen aus, erachtet aber das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für den Herbst als das wirksamste und mildeste Mittel. Kritik an der Wirksamkeit unter Nennung einer aktuellen europaweiten Studie zur Wirksamkeit des Masketragens läßt Dahlemann unbeantwortet.

Auf Nachfrage nach den Auswirkungen des Endes der Maskenpflicht und der nicht eingetretenen Überlastung des Gesundheitssystems, entgegnet Dahlemann, dass er nicht weiß, wie valide die aktuellen Zahlen der Landesregierung gerade sind.

Abschließend wird ein mal mehr die Wichtigkeit eines runden Tisches mit Wissenschaftlern verschiedener Ansichten betont und darauf hingewiesen, dass dieser Diskurs ein Grundpfeiler erkenntnisorientierten Arbeitens ist.

Dahlemann ist bereit weiterhin mit der Gruppe in Kontakt zu bleiben und bittet um Verständnis dafür, dass er aktuell sehr viele Termine hat und deshalb wenig freie Zeitfenster für zukünftige Gespräche.

In einem kurzen Auswertungsgespräch nach dem Telefonat teilen alle 4 Delegierten den Eindruck, dass die Landesregierung weder ein ernsthaftes Interesse an einem wissenschaftlichem Diskurs zu den Corona-Maßnahmen hat noch eine externe und ergebnisoffenen Evaluierung der Maßnahmen anstrebt. Die dringlichste Forderung nach einem runden Tisch scheint im besonderen Maße bei den beteiligten Beratern nicht auf Zustimmung zu stoßen. Bis zum 7. August hat Herr Dahlemann keinen weiteren Versuch unternommen, den Dialog mit der Aktivistengruppe fortzuführen.

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