Ich habe Frau Stoesser durch den Corona-Ausschuss kennengelernt, in dem sie über die Lage der Alten in den Heimen berichtete. Mich haben ihre Schilderungen sehr berührt und sogar zu Tränen gerührt. Durch mein Studium indigener Kulturen habe ich die Einstellung bekommen, dass die Ältesten hoch geschätzte Personen einer Gesellschaft sind, da sie Weisheit in sich tragen. Ich bin schon lange der Meinung, dass wir die alten Menschen nicht in Heime stecken sollten, sondern sie, integriert in das Leben der Gemeinschaft, altern und auch sterben lassen. Frau Stoessers Worte und ihr Engagement haben mich Mitglied im Verein Pflegeethik Initiative werden lassen, in dem sie 1. Vorsitzende und ehrenamtliche Geschäftsführerin ist. Ihr Schreiben erreichte mich am 4. März 2021 und mit ihrem Einverständnis habe ich ihren Brief hier veröffentlicht. Aus aktuellem Anlass habe ich Mitte März ein Videogespräch mit ihr geführt.

Videogespräch mit Frau von Stoesser

Wenn heute vor einem Jahr jemand gemutmaßt hätte, dass Kontakte und andere Selbstverständlichkeiten  in der erlebten Weise begrenzt werden würden,  man hätte ihn einen Verschwörungstheoretiker genannt.  Wohl niemand von uns konnte sich Anfang März 2020 vorstellen, dass es in Deutschland so einfach möglich sein würde,  ein Klima zu erzeugen, in dem Gehorsamkeit  und Unterwerfung den guten Staatsbürger  kennzeichnen, hingegen kritisches Hinterfragen als abwegig, ja staatsfeindlich hingestellt wird.

Kritisches Hinterfragen zeichnet unseren Verein sowie meine Person jedoch aus. Wo andere bemüht sind, als Rädchen im Getriebe des Gesundheitssystems zu funktionieren, fordern wir einen Richtungswechsel.  Denn das jetzige System belohnt die, die den Kranken kränker und den Pflegebedürftigen bedürftiger machen.   Es setzt auf Massenabfertigung in Heimen, anstatt dafür zu sorgen, dass niemand ins Heim muss, der das nicht möchte.

Corona verstärkt bei einigen die menschliche Seite und bei anderen das Gegenteil. Ich denke dabei vor allem an die Isolierung von Patienten/Bewohnern in den Krankenhäusern und Heimen. An die Überheblichkeit von Ärzten und Pflegekräften gegenüber besorgten Angehörigen, wenn diese sich telefonisch nach dem Befinden erkundigen, weil Besuche nicht erlaubt sind. Wie zum Beispiel an diesen Fall: „Am Telefon kann ich Ihnen leider keine Auskunft geben. … Rufen Sie später an, dann ist vielleicht Dr.X zu sprechen. …. – Am nächsten Morgen rieft tatsächlich dieser Dr. X an, um uns mitzuteilen, dass der Vater verstorben sei. …. Bis heute werfen wir uns vor, ihn nicht nach Hause geholt, sondern diesen herzlosen Menschen in der Klinik anvertraut zu haben, die nur noch Corona sehen und sich Corona-Verordnungen verpflichtet fühlen.“

Wie die Verordnungen ausgelegt werden, liegt im Ermessen der Leitungskräfte und zeigt deren Rollenverständnis. So konnte ich in der eigenen Familie, kurz vor Weihnachten, das Gegenteil des oben berichteten erleben.  Eine Tante (86, diverse Erkrankungen, pflegebedürftig, PG3) wurde morgens von ihrer Tochter in bedrohlicher Lage  gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Kaum war die Tochter  wieder zu Hause, rief der behandelnde Arzt sie an, um ihr mitzuteilen, dass sich der Zustand der Mutter verschlechtert habe und sie wohl in den nächsten Stunden sterben werde. Da ihre Patientenverfügung in aussichtslosem Falle eine weitere Behandlung verbiete, werde man sie in ein Zimmer neben der Intensivstation bringen, wo sich die Familie ungestört von ihr verabschieden könne. Tatsächlich schafften es alle fünf Kinder noch, rechtzeitig bei der Mutter zu sein  bevor sie den letzten Atemzug tat. Und sie wurden auch danach nicht nach Hause geschickt, sondern durften sich die Zeit nehmen, die sie in dieser Situation brauchten.  Für die Ärzte und Pflegekräfte der Abteilung dieses kleinen Krankenhauses (in der Eifel) war das offenbar eine Selbstverständlichkeit.

Nahezu alles wofür ich mich in den fast 50 Jahren meiner Pflegelaufbahn stark gemacht habe, verkehrt sich seit Corona geradezu ins Gegenteil.  In allen Kliniken und Krankenhäusern sind die Türen für Besucher verschlossen.  Ausnahmen sind zwar erlaubt, setzen  jedoch die Einsicht und Empathie der jeweiligen Ärzte und Pflegekräfte voraus, wie die oben genannten Beispiele zeigen. Der Kranke, ob Jung oder Alt, wird in der „Gesundheitsfabrik“ abgeliefert, wie ein Auto in der Werkstatt.  Wenn seine Operation geglückt und die seinem Fall beigemessene Behandlungszeit abgelaufen ist, kann er wieder abgeholt werden.  Für Ärzte und Pflegekräfte hat das den Vorteil, dass sie ihr Programm durchziehen können, ohne von besorgten Angehörigen gestört oder von diesen kontrolliert zu werden.  Alle Studien und Erkenntnisse, die den gesundheitsförderlichen Einfluss der Unterstützung durch Angehörige  tausendfach belegen, werden ignoriert.

Auch in einem Großteil der Heime  setzten die Corona-Verordnungen nicht nur den gesunden Menschenverstand sondern auch jede Menschlichkeit außer Kraft.  Obwohl die meisten Heimbewohner inzwischen durchgeimpft sind, traut offenbar niemand dieser Impfung über den Weg. Nach wie vor gelten dort Maskenpflicht und Testpflicht für Angehörige und Personal. Selbst für geimpftes Personal. Die Besuche sind begrenzt und von Heim zu Heim verschieden.  Gerade vorhin wollte eine Angehörige wissen, ob sie es hinnehmen müsse, dass das Heim ihrer Mutter aus organisatorischen Gründen zwei besuchsfreie Tage vorsieht. Ihre halbseits gelähmte Mutter, die selbst ihr Bett und Zimmer nicht verlassen kann, befinde sich seit März 2020  in Quarantäne. 13 Wochen war sie vollständig isoliert; Telefonate auch nicht möglich. Und nun, nachdem alle geimpft sind und auf Lockerungen hoffen, werden die Maßnahmen weiter verstärkt.

Die meisten Toten im Zusammenhang mit Corona gibt es in den Heimen, je nach Region 50-80 Prozent. Nach den Impfungen häuften sich dort die Ausbrüche und Todesfälle. Mehr dazu im Beitrag: Impfexperiment: Wie viele Tote sind ethisch vertretbar?
Inzwischen liegen weitere Daten zur Sterblichkeit nach den Impfungen vor. Nach einer hier veröffentlichten Recherche von Fallzahlen, die auf den RKI Seiten zu finden sind (wenn man weiß wie), stieg die Corona-Fallsterblichkeit nach den Impfungen in fast allen Landkreisen dramatisch.

Und wo wir schon einmal beim Sterben sind, und damit bei der Begründung für den seit einem Jahr von der Regierung und von den Medien hochgehaltenen Ausnahmezustand, möchte ich eine Bestatterin zu Wort kommen lassen. Diese Frau zeigt nicht nur ganz viel Herz, sondern auch den Mut über die erlebte Herzlosigkeit der Corona-Verordnungen zu sprechen. In den ersten 7 Minuten dieses Interviews geht es um die Frage der Überlastung von Krematorien und danach wird es richtig emotional. Unbedingt sehenswert, bis zum Schluss: https://youtu.be/IjmOAtbklxM

All diese Erfahrungen lassen unsere Volksvertreter und die Regierung kalt. Leider erfährt ein Großteil der Bevölkerung von diesen Bildern in den Nachrichten und Zeitungen nichts. Sie hören und lesen immer nur von Neuinfizierten und Intensivstationen, die sich auf die dritte Welle einstellen – weshalb immer noch keine Entwarnung gegeben werden könne.  Ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Mitgefühl mit Menschen, die durch staatliche Verfügungen geschädigt wurden, wollen sie die Pandemie in die Länge ziehen, bis  alle „geimpft“  sind.  Wer mag  kann hier lesen, wie der Journalist Reitschuster die jüngsten Corona-Lockerungen sieht.  Immerhin sinken jetzt die Zustimmungswerte in der Bevölkerung und damit das einzige, was Parteien und Politiker umstimmen kann.  Die Kanzlerin verkündet, dass die Pandemie erst zu Ende ist, wenn alle geimpft sind.  Vermutlich jedoch wird sie dann zu Ende sein, wenn die Regierung abgewählt wurde und alle, die sich für das Durchimpfen stark machen, ebenfalls.

Die Krise ist noch nicht vorbei. Wir sollten zusammenstehen und uns nicht auseinanderdividieren lassen. Wir sollten Verständnis haben für Menschen, die nicht unsere Meinung teilen. Denn Meinungsfreiheit und Vielfalt sind die Säulen eines lebendigen, friedlichen Miteinanders.

Im Vertrauen auf das Gute in jedem Menschen und auf Gott, verbleibe ich

mit den besten Wünschen

Adelheid von Stösser 

Rundbrief vom 04.03.2021

Adelheid von Stösser, Jahrgang 1953, verheiratet, 3 Kinder, 3 Enkel

Ihre berufliche Laufbahn begann 1970 mit der Ausbildung zur Krankenschwester in Bad Neuenahr. Nach mehreren Jahren Berufspraxis, mit Schwerpunkt innere Medizin, erwarb sie die Qualifikation zur Lehrerin für Pflegeberufe, an der Gesundheitsakademie in Köln-Hohenlind und war anschließend sechs Jahre in der Aus-, Fort-und Weiterbildung von Pflegekräften tätig, davon drei Jahre in leitender Funktion.Seit 1986 ist sie freiberuflich tätig, zunächst als Leiterin mehrjähriger Umstrukturierungsprojekte an den Unikliniken in Tübingen, Heidelberg und Ulm, später als Beraterin zahlreicher Pflegeheime und ambulanter Dienste. Dabei ging es schwerpunktmäßig darum, den gesamten Arbeitsablauf auf Bezugspflege umzustellen, sowie ein Dokumentationsverfahren einzuführen, dass maximale Transparenz bei geringem Aufwand ermöglicht. Bekannt wurde sie vor allem durch ihr 1992 im Springer Verlag erschienenes Buch: Pflegestandards: Erneuerung der Pflege,durch Veränderung der Standards, sowie die Stösser-Standards.

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