Erinnern Sie sich an den Herbst und Winter 2021. Plötzlich wurden Menschen, die eine wenig erprobte nach ihrem Wirkmechanismus als Gentherapie zu bezeichnende Behandlung nicht in Anspruch nehmen wollten, fast komplett aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen. 2G, Die Tyrannei der Ungeimpften und die Pandemie der Ungeimpften waren die Schlagwörter dieser Zeit. Heute wissen wir auch danke der RKI-Protokolle, dass diese Stigmatisierung fachlich nicht korrekt war.
Im November 2020 veröffentlichte der Medizinprofessor und Facharzt für Hygiene einen Brief im Wissenschaftsmagazin „Lancet“ mit dem Titel: „COVID-19: Die Stigmatisierung von Ungeimpften ist nicht gerechtfertigt.“ Sein Brief endete damals mit folgenden Zeilen: „In der Vergangenheit haben sowohl die USA als auch Deutschland negative Erfahrungen gemacht, indem sie Teile der Bevölkerung aufgrund ihrer Hautfarbe oder Religion stigmatisiert haben. Ich fordere hochrangige Beamte und Wissenschaftler auf, die unangemessene Stigmatisierung ungeimpfter Menschen, zu denen auch unsere Patienten, Kollegen und andere Mitbürger gehören, zu beenden und sich verstärkt darum zu bemühen, die Gesellschaft zusammenzubringen.“
Nun hat Prof. Dr. Kampf ein Buch veröffentlicht, in dem er die Reaktionen auf diesen Brief zusammenfasst. Beachtenswert ist dabei, wie viele Menschen Kampf mit seinem Brief erreicht und inspiriert hat. Außerdem beschreibt Kampf in seinem Buch die Versuche der Universität Greifswald, an der er eine außerordentliche Professur hat, seine Publikationen bzgl. Covid-19 zu überwachen und quasi zu zensieren. Ein beachtlicher Vorgang, der aufgearbeitet gehört.
Toleranz
Toleranz ist ein grundlegendes Element für ein harmonisches und respektvolles Miteinander in einer Gesellschaft. Sie ermöglicht es den Menschen, unterschiedliche Meinungen, Lebensweisen und kulturelle Hintergründe zu akzeptieren und zu respektieren. Toleranz fördert den Dialog und das Verständnis zwischen Individuen, was zu einem friedlichen Zusammenleben beiträgt. Ohne Toleranz hingegen kann eine Gesellschaft schnell in Konflikte und Spaltungen abgleiten. Wenn gegenüber bestimmten Gruppen oder Individuen Intoleranz herrscht, führen die Spannungen oft zu Diskriminierung, Ausgrenzung und sogar Gewalt. Historisch gesehen haben solche gesellschaftlichen Brüche schwerwiegende Konsequenzen für die soziale Stabilität und das Wohlbefinden aller Bürger.
Daher sollte der Einsatz für Toleranz nicht nur eine Verpflichtung, sondern auch eine Notwendigkeit sein, um den sozialen Frieden in der Gesellschaft zu wahren.
Toleranz in der Wissenschaft
Schauen wir uns zunächst die Reaktionen auf meinen Lancet Brief an. Erstaunlich an der großen Zahl der Antworten war, dass einige Leute es für mutig hielten, einen Brief mit diesem Inhalt zu schreiben. Ein Leser drückte sogar die Hoffnung aus, dass mir dieser Brief keine Nachteile bringen würde. Ja, in einer Zeit, in der die große Mehrheit der Medien und viele Wissenschaftler die Ungeimpften als die größte Gefahr für die Volksgesundheit ansahen, schwamm jeder, der diese These in Frage stellte, gegen den Strom.
Viele Ärzte, Wissenschaftler und Universitätsdozenten haben sich bei mir für diesen kurzen Artikel bedankt. Es hat mir gutgetan und war völlig unerwartet. Ebenso unerwartet war die Reaktion eines Vertreters der Universität Greifswald, der versuchte, präventiv zu zensieren. Das Grundgesetz schützt die Freiheit der Wissenschaft. Als Träger dieser Freiheit in meiner Funktion als außerplanmäßiger Professor bin ich frei in der Auswahl und Veröffentlichung von Themen und Texten, solange die Herausgeber der Zeitschriften die Texte zur Veröffentlichung akzeptieren. Die Universität hat kein Recht, sich einzumischen oder zu zensieren. Und doch hat man es versucht.
Das ist beängstigend!
Hätte derjenige, der mich aufforderte, vor der Einreichung meiner Manuskripte um Erlaubnis zu fragen, den Geist der Wissenschaftsfreiheit gelebt, hätte er diesen Versuch nie unternommen, sondern mit tiefer Überzeugung nach außen kommuniziert, dass er selbst aus fachlicher Überzeugung einen völlig anderen Standpunkt vertrete und in die Diskussion einbringen werde, dass er aber schützend vor mir stehe, weil Kontroversen nun einmal zur Wissenschaft gehörten und die Veröffentlichung anderer Standpunkte in den Fachzeitschriften auch. Aber von dieser souveränen Haltung im Sinne der wissenschaftlichen Freiheit waren diese Kollegen weit entfernt. Es lag ein autoritärer, fast totalitärer Geist in diesem Versuch.
Und die Freiheit der Wissenschaft ist immer noch in Gefahr. Dazu ein Beispiel aus dem Jahr 2024. Eine niederländische Arbeitsgruppe beschreibt in der Zeitschrift BMJ Public Health die Übersterblichkeit in 47 Ländern zwischen 2020 und 2022. Nur in der Diskussion der Studie wird vage angedeutet, dass die COVID-19-Impfung dazu beigetragen haben könnte. Die Arbeit wurde am 3. Juni 2024 veröffentlicht. Bereits am 11. Juni 2024 distanzierte sich das Princess Máxima Center, an dem die Erstautorin arbeitet, von dieser Veröffentlichung und drückte sein tiefes Bedauern darüber aus, dass diese Veröffentlichung den Eindruck erwecken könnte, die Bedeutung der COVID-19-Impfung könne in Frage gestellt werden.
Und warum distanziert sich ein Arbeitgeber, für den die Freiheit der Wissenschaft gelten sollte, von den Inhalten einer Veröffentlichung seiner eigenen Mitarbeiter? Der angemessene Weg wäre das Erstellen und Einreichen eines Leserbriefs gewesen, in dem auf Basis nachvollziehbarer Gründe dargelegt wird, warum andere Wissenschaftler einen abweichenden Standpunkt vertreten.
Die Freiheit der Wissenschaft in der Europäischen Union wurde zuletzt im Jahr 2023 bewertet. Acht von neun Ländern mit einem unterdurchschnittlichen Niveau der Wissenschaftsfreiheit haben in den letzten zehn Jahren einen statistisch signifikanten Rückgang der Wissenschaftsfreiheit erlebt, was auf eine Erosion dieses wichtigen akademischen Grundwerts hinweist. Dieses Ergebnis deckt sich mit meinen persönlichen Erfahrungen.
Walter Hirsch schrieb 1961 (übersetzt): „Totalitäre Gesellschaften versuchen, ihre Ziele durch eine maximale Politisierung des Lebens durchzusetzen, z. B. indem sie die Relevanz ALLER Verhaltensweisen für die gesellschaftlichen Ziele betonen, die weitgehend von der politischen Autorität bestimmt werden, und indem sie individuelle Wahlmöglichkeiten, die als gegensätzlich oder irrelevant für diese Ziele angesehen werden, stark einschränken. Die Mittel dazu sind ideologische Indoktrination, zentralisierte Planung, das Führungsprinzip und die Zerschlagung „privater“ Gruppen und Institutionen, die als sozial schädlich angesehen werden.“
Im Jahr 2021 unterstützte die Mehrheit der Wissenschaftler, Politiker und Medien das Ziel, eine möglichst hohe COVID-19-Impfquote zu erreichen. Dieses Ziel wurde von der Politik weitgehend vorgegeben und parallel dazu durch eine starke Einschränkung der individuellen Lebensmöglichkeiten unterstützt (z. B. Erhebliche Einschränkung der Möglichkeiten des öffentlichen Lebens in Deutschland für Ungeimpfte; „2G“).
Die öffentliche und wiederholte Stigmatisierung der Ungeimpften kann als ideologische Indoktrination angesehen werden, das Führungsprinzip findet sich in der versuchten präventiven Zensur in der universitären Wissenschaft. Meine Worte wurden in einer Mitteilung an mich als potentiell zu „untragbare Verunsicherung“ führend bezeichnet, Hirsch verwendete den Ausdruck „sozial schädlich“.
In der Tat gibt es einige überraschende Parallelen zwischen den von Hirsch beschriebenen Merkmalen totalitärer Systeme und der Behandlung von Ungeimpften und dem Umgang mit Andersdenkenden während der Pandemie im Jahr 2021.
„Der traurigste Aspekt derzeit ist, dass die Wissenschaft schneller Wissen sammelt, als die Gesellschaft Weisheit.“ Issac Asimov (1988)